Playground

Release Date: 2015-02-11
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Tobi Vogel – electric and acoustic guitars / bass / piano / synthesizers / programming / vocals / FC
Carl Michael Grabinger – drums / percussion,
sowie auf einzelnen Titeln:
Johannes Bert – additional guitar
Maria Grigoryeva – solo violin / string section
Tim Köhler – saxophone
Christian Reddeker – additional keyboards / synthesizers.

Album Review

Robin And The Modest? Eigenartig, denn keiner der beteiligten Musiker heißt mit Vorname tatsächlich Robin. Da der offenbar für so einiges hier verantwortliche Herr Vogel mit Vorname Tobi heißt, läge allerdings nahe, den Bandnamen mit Blick auf das Kinderbuch "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" zu interpretieren, womit wiederum auch der Titel "Playground" des vorliegenden Zweitwerks seinen Sinn hätte. Na, weitere Informationen dazu liegen mir nicht vor, in "Tobi Vogel" fehlt mithin ja noch ein B, überhaupt ist "Playground" größtenteils instrumental gehalten. Stimmbänder werden hier nur bemüht, um ab und an mal "Seven Nation Army"-artig Riffs mitzusingen, daneben gibt's gelegentlich Sprach-Samples. Tja, weitere Anknüpfungspunkte hinsichtlich der Namensgebung sind da wohl nicht zu finden.

Aber sei's drum, die Musik ist jedenfalls interessant. Grundsätzlich geht das, was Vogel, sein Kompagnon Grabi und die Handvoll Gäste hier spielen, in Richtung Postrock. Es gibt also lockere Rhythmen, einige kräftigere Riffs und viele Passagen, in denen Gitarrenfiguren in zittrig-schwebenden Sounds übereinander geschichtet werden, auf dass sich alles bis zum Exzess steigern möge. Eine Menge markanter Dinge machen Robin And The Modest aber doch anders. Zum Einen ist da der Hang zu konsequent durchgezogenen Krummtakten. Insbesondere der 7/8 scheint es dem Duo angetan zu haben, immerhin stehen "Lotta Continua", "Pankreas" und "Thanassis" in dieser Taktart. Das ist schon mal nicht ganz so einfach wie im Normalfall. Klanglich fällt außerdem der Hang zu Elektronik auf: Sehr oft wird die Gitarre von surrenden und heulenden Synthesizern mehr als nur ergänzt, ebenso gibt's Ambient-artige In- und Outros sowie Zwischenparts. Das diesbezügliche Extrem bildet wohl das größtenteils Dubstep-artig begleitete "Am Weiher", und auch "Synthie aus Marzahn" baut auf sehr skurrilen Sounds auf.

Andernorts gewinnt die Musik noch durch weitere Klangelemente an Farbe. Besonders hervorzuheben ist dabei der häufige Einsatz des Klaviers (am auffälligsten wohl im Titeltrack "Playground" und "Am Weiher"), aber auch die Gast-Violine schafft es, "Pankreas" und "Thanassis" ihren Stempel aufzudrücken. Mit Blick auf den Sound nimmt sich "Playground" insgesamt also ziemlich abwechslungsreich und detailliert aus, was durch einige kompositorische Merkmale sogar noch betont wird. Da gibt's zum Einen häufige Breaks, mit denen es vorrübergehend ganz ruhig wird und man erst merkt, was vorher eigentlich los war (und hinterher wieder los sein wird). Zum Anderen enden einige Stücke überraschend mit langen, aber stichhaltigen Ambient-Ausklängen, wo auf einer konventionellen Genreplatte einfach weiter und weiter gesteigert und dann urplötzlich abgebrochen worden wäre. Das haben Robin And The Modest indes gar nicht nötig, denn die Spannung ist durch den Kontrast dennoch gegeben.

Überhaupt ist es bemerkenswert, was hier so innerhalb der einzelnen Stücke passiert. Natürlich stehen auch hier sich wiederholende Motive und Melodiefragmente im Mittelpunkt, diese werden aber in quasi jeder einzelnen Stimme nochmals variiert, was das jeweilige Arrangement immer recht komplex wirken lässt. Wirklich simple Schichtungen gibt's nur im Titeltrack, das aber nur phasenweise und im Rahmen einer größeren dramatischen Struktur. Dergleichen gibt's auch in fast allen übrigen Stücken, und gerade Nummern wie "Raketenfaust" können hier mit einem eng verzahnten Gegensatz aus pfundigem Stoner-Riffing und spacigen bis hymnischen Delay-Passagen punkten. Umgekehrt fassen sich Robin And The Modest z.B. in "Thanassis" und "Synthie aus Marzahn" sogar überraschend kurz und können auch in dieser Form überzeugen. Einzig "Kaltes Herz" schwächelt, denn die wesentlichsten Elemente liegen bereits nach gut einer Minute auf dem Teller, Neues kommt nicht hinzu und Variation gibt's danach kaum.

Am Ende steht somit ein positives Fazit. In einem grundsätzlich wohlbekannten Stil mit hinlänglich erprobten Ausdrucksformen und Abläufen beweisen Robin And The Modest ein äußerst feines Gespür, wenn es darum geht, Sounds und Arrangement in den Dienst der Kompositionen und ihrer Strukturen zu stellen. Erst damit können die vielseitigen Klänge voll zur Geltung kommen, anstatt einfach nur Wohlklang zu verbreiten. Ah ja: Der Hang zu melancholischen bis bitteren, teils gar existenzialistischen Stimmungen wurde noch gar nicht erwähnt, oder? Auch das dürfte wohl unterstreichen, dass "Playground" weit mehr bietet als die Norm. Gut, dass Robin And The Modest dann doch nicht so bescheiden waren, lediglich bei sowas zu bleiben.

babyblaue-seiten.de (11/15 Punkten)
- Gunnar Claußen